Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen

Ende Januar lief ich das erste Mal als Teilnehmerin einer Führung über das Linoleum der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR. Spontan schickte ich eine Bewerbung an die Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen und wurde kurz danach zu einem Gespräch eingeladen. Anschließend durchlebte ich in der Vorbereitung auf die sogenannte “Abnahme” meines ersten Rundgangs über knapp zwei Monate einige Höhen & Tiefen. Zunächst aber legte ich das Audioguide-Projekt auf Eis und nahm als Hospitantin an zwei weiteren Führungen über das Gelände & durch die Bauten der Gedenkstätte teil. Für kurze Zeit zweifelte ich: “Wollte ich wirklich, neben meinen üblichen Stadtführungen durch Berlin, an einem festen Standort & damit auch in Innenräumen tätig sein?” Doch vor allem war ich unsicher, ob ich überhaupt dem Ort, seiner vielschichtigen Thematik und den Menschen, die hier Haftzeit verbringen mussten, gerecht werden könnte.

Das Museu do Aljube als Entscheidungshilfe

Zunächst aber ging es nach Lissabon, um etwas Sonne & Wärme zu tanken. Ganz bewusst ließ ich die mir von der Stiftung zur Verfügung gestellten Arbeitsunterlagen in Berlin zurück. Aber ein Besuch im Museu do Aljube festigte meinen Entschluss, im Rahmen meiner Tätigkeit als Stadtführerin von nun an auch einen besonderen Fokus auf Erinnerungsarbeit zu legen. Denn auf Nachfrage erhielt ich eine private Führung durch die Räume des Museums in Lissabon, das zu Zeiten der faschistischen Diktatur in Portugal fast 40 Jahre lang ein politisches Gefängnis war. Der volle Name lautet Museu do Aljube - Resistência e Liberdade, übersetzt Widerstand & Freiheit. Die sehr gut gestaltete Ausstellung gibt auch ohne besondere Erläuterungen einer Führung aufgrund der Beschriftungen in portugiesischer & englischer Sprache einen tiefen, aber dennoch verständlichen Einblick in die jüngere Geschichte Portugals bis zur Nelkenrevolution im Jahr 1974. Der wuchtige Bau aus der Maurenzeit liegt direkt am touristischen Pfad zwischen dem Praça do Comércio & dem beliebten Alfama-Viertel gegenüber der Kathedrale Sé. Ein Besuch dort lohnt sich sehr!

Zurück in Berlin tauchte ich tief in die Recherche ein

Ich hospitierte erneut, schaute mir online Gespräche mit Zeitzeugen an, las viel sowohl am Computer als auch analog, beispielsweise einen autobiografischen Roman von Klaus Kordon, der nach einem Fluchtversuch mehrere Monate in Isolationshaft in Hohenschönhausen saß. Auch Veranstaltungen zum Thema besuchte ich: Im Museum Pankow die Fotoausstellung Klaus Mehner. Parallelwelten Ost-West & ihr Begleitprogramm. Noch bis Ende Juni gibt es dort Filme & Diskussionen zum Thema zu sehen & zu hören. Einen kurzen Ausflug machte ich nach Leipzig in das Museum in der Runden Ecke & zu einer Führung über das Gelände der dortigen ehemaligen Bezirkszentrale der Staatssicherheit. Aktuell ist in der ARD-Mediathek die Doku Auswärtsspiel zu sehen. Vor allem die Interviewsequenzen mit Mitgliedern der früheren Ost-Berliner Punkband planlos zeigen deutlich, wie die Überwachung & die sogenannten “Zersetzungsmaßnahmen” der Stasi bis heute ihre Spuren bei den Menschen hinterlassen haben.

Besucherreferentin der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen

Seit letzter Woche darf ich nun Besucherinnen & Besucher durch die ehemalige Untersuchungshaftanstalt führen, die Funktion der einzelnen Gebäude & Räume erläutern und an die politisch Verfolgten in den Jahrzehnten kommunistischer Diktatur erinnern. Bis hierhin war es eine sehr steile Lernkurve. Nun fügen sich ständig weitere Puzzleteile mit zusätzlichen Fakten, Informationen & Geschichten zusammen. Besonders für Schulklassen liegt die Zeit bis 1989 lange zurück. Dennoch hoffe ich, dass ich ihnen auf Dauer immer besser vermitteln werde, was das Leben in einer Diktatur bedeuten kann & wie sehr wir den Wert von Demokratie & Freiheit schätzen & schützen sollten.

Besucherinformationen

Die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen ist täglich geöffnet. Mehrmals stündlich kann an Führungen teilgenommen werden. Es empfiehlt sich eine Anmeldung über den Ticketshop. Außerdem sind die Dauerausstellung & das Besucherzentrum mit einem sehr gut sortierten Angebot an Büchern & weiteren Informationsmaterialien ebenfalls sieben Tage die Woche bei freiem Eintritt geöffnet.