Gendarmenmarkt
Eine junge Frau läuft an einem Sommertag über den Gendarmenmarkt. Sie hebt die Hand, um eine Freundin zu begrüßen. Plötzlich sackt sie tot zusammen. Erschossen aus einem der Bürogebäude an der Markgrafenstraße. Panik bricht aus. Glücklicherweise ist alles nur inszeniert. Die Mordszene ist Teil der Dreharbeiten für den Berliner Tatort. Was gut 9 Millionen Zuschauer an einem Sonntagabend im März 2020 im Fernsehen verfolgen, erfordert viel organisatorisches Geschick und Zusammenarbeit mit den Behörden, denn der belebte Platz darf nicht komplett abgesperrt werden. Zwar ist der Drehort mit Flatterband und Schildern deutlich markiert, dennoch wollen Unbeteiligte zu Hilfe eilen. Die Polizei ist auf eventuelle Notrufe vorbereitet.
Aufregend war es schon häufig auf diesem Platz am Rande des historischen Stadtkerns von Berlin. Die Friedrichstadt mit ihrem schachbrettartigen Straßenraster gründete, wer hätte es gedacht, ein Friedrich. 1688 war er noch Kurfürst und Friedrich III., ab 1701 dann König Friedrich I.. Im selben Jahr startete auch der Bau der französischen Kirche. Neue Bewohner wurden ins Land geholt, darunter Hugenotten, Glaubensflüchtlinge aus Frankreich, die sich hier ansiedelten.
Der erste Name des Platzes lautete Esplanade
Ein Marktplatz sollte es sein und viele entsprechende Bezeichnungen trug er in Folge: Lindenmarkt, Friedrichstädtischer Markt, wie das Stadtviertel, oder auch Neuer Markt im neuen Viertel. Schließlich wurde er nach den bewaffneten Männern, den Gens d’Armes, benannt. Deren Regiment nutzte im frühen 18. Jahrhundert unter dem sogenannten Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. Stallungen auf dem Platz. Sein Sohn Friedrich der Große ließ sie Ende des Jahrhunderts wieder abreißen und den Platz umgestalten. Der französische Dom und der deutsche Dom entstanden. Die Bezeichnung Dom bezieht sich auf die Kuppelgestaltung der schmuckvollen Türme neben den eigentlichen Kirchengebäuden. Sie sind rein repräsentative Bauten.
E.T.A. Hoffmann schildert Aufregendes
Unter dem Namen Gendarmenmarkt kannte ihn auch der Jurist, Komponist und Schriftsteller E.T.A. Hoffmann. Er lebte ab 1815 in einem Haus an der Ecke Charlottenstraße und Taubenstraße, an der Rückseite des heutigen Konzerthauses gelegen. Zweitausend Menschen fasste das Nationaltheater, das zu seinen Lebzeiten dort stand. Ein Werk von Carl Gotthard Langhans, der auch das Brandenburger Tor baute. Hoffmanns romantische Oper Undine erlebte dort ihre Uraufführung und weitere erfolgreiche Vorstellungen. Wie praktisch, so nah am Ort seines Schaffens zu leben. Allerdings wurde ihm die direkte Nachbarschaft zum Theater im Sommer 1817 beinahe zum Verhängnis.
Mit den Worten “Mein Gott, das Theater brennt!”, schreckte ihn seine Frau von der Schreibtischarbeit hoch. Rasch trugen sie alle Möbel in die hinteren Zimmer, entfernten die Gardinen von den Fenstern und gossen Wasser auf die hölzernen Wände, um ein Entzünden zu verhindern. Die Glasscheiben sprangen aufgrund der Hitze und mit Ölfarbe bemalte Flächen verflüssigten sich.
Noch größere Aufregung und Gefahr entstand allerdings durch den in Flammen stehenden Kostümfundus des Theaters. Tausende lodernder Perücken stiegen wie Heißluftballons in den Himmel auf und drohten, weitere Gebäude in Brand zu setzen. Eine, die "wie ein bedrohliches feuriges Meteor über dem Bankgebäude schwebte" und für die Feuerwehrspritzen unerreichbar war, wurde schließlich durch den gezielten Gewehrschuss eines Offiziers unschädlich gemacht. So beschreibt es E.T.A. Hoffmann in einem Brief und illustriert die Situation mit einer lebhaften Federzeichnung.
Es folgten keine weiteren Aufführungen von Hoffmanns Undine. Das dafür von Karl Friedrich Schinkel gestaltete Bühnenbild wurde beim Brand zerstört. Aber Schinkel blieb weiter am Haus beschäftigt. Bereits vier Jahre später wurde sein Bau des neuen Schauspielhauses eröffnet. E.T.A. Hoffmann starb im folgenden Jahr. Etwas versteckt steht schräg gegenüber seiner alten Wohnadresse seine Büste als Denkmal an ihn.
Irrungen & Wirrungen des Schiller-Denkmals
Deutlich prominenter ist der Standort des Schiller-Denkmals vor dem heutigen Konzerthaus. Der Dichter war für einige Jahre sogar Namenspatron des Platzes. Mit Einweihung der Skulptur in Verbindung mit einer Brunnenanlage im Jahr 1871 wurde der Gendarmenmarkt zum Schillerplatz. Bis ihn die Nationalsozialisten in einen Platz für Aufmärsche wandelten. Das Denkmal war im Weg. Während des Transports stürzte es und wurde so stark beschädigt, dass es zunächst in einen Schuppen wanderte. Genauer gesagt in mehrere. Nach dem Krieg befand sich Schiller im West-Teil von Berlin, weitere Teile der Skulpturengruppe im Ost-Teil der Stadt. Auf Basis einer Vereinbarung im Rahmen des Kulturaustauschs konnten sie 1986 wieder zusammengeführt werden. Ohne Wasserspiele des Brunnens, aber in Gesellschaft, steht der Nationaldichter nach Rekonstruktion und Restauration seit 1988 wieder auf dem Platz, der zu DDR-Zeiten noch einmal umgetauft wird.
Platz der Akademie
Benannt nach der Akademie der Wissenschaften, die hier 1946 auf Befehl der Sowjetischen Militäradministration eröffnete. Während des Krieges waren die Bauten stark zerstört worden und blieben bis in die 70er-Jahre so stehen. Doch dann erfolgte der Wiederaufbau der beiden Dome auf dem Platz sowie das Errichten von historisierenden Plattenbauten an den umlaufenden Straßen. Das ehemalige Schauspielhaus wurde im Inneren zum Konzerthaus umgebaut. Denn die Hauptstadt der DDR war mit Theatern gut versorgt, aber es fehlte ihr das Gegenstück zur Philharmonie der Westberliner.
In einer der Wohnungen mit Blick auf den Französischen Dom lebte bis zu ihrem frühen Tod Tamara Danz, die Sängerin der Rockband Silly. Es heißt, dass sie vor dem Einzug in den Neubau in einer Einraumwohnung, natürlich Altbau, in der Seelower Straße im Prenzlauer Berg hauste. Das Leben in der Edelplatte war nur wenigen vergönnt und gute Beziehungen zum SED-Politiker Günter Schabowski - der sich bei der Pressekonferenz im November 1989 verhaspelte - verhalfen ihr dazu. Noch heute lebt ihr damaliger Lebensgefährte dort.
Auch Landeskonservator Rauhut sagt "dass 'Platte' nicht gleich 'Platte' ist"
Im Februar 2021 erhielt die Platzgestaltung der 1980er-Jahre die hohe Würdigung, nun unter Denkmalschutz zu stehen. Nicht nur die Gebäude auf und teilweise um den Platz herum, auch das Pflaster, Beleuchtungskörper, Bänke und sogar einige der Bäume fallen unter das vom Landesdenkmalamt Berlin verliehene Siegel.