Bergwaldprojekt in Berliner Forsten

Lange nichts geschrieben - außer kurzen Instagram-Posts - denn in den letzten Monaten war viel praktische Arbeit angesagt. Seit Anfang September darf ich mich Geprüfte Stadtführerin/Gästeführerin Region Berlin nach EU-Norm DIN EN 15565 nennen. Und gleich nach der Abschlussprüfung ging es für eine Woche in den Wald nördlich von Berlin. 

Wie kommt der Berg ins Bergwaldprojekt?

Das Revier Stolpe liegt zwar auf Brandenburger Gebiet, gehört aber zu den Berliner Forsten. Diese Landesforstverwaltung ist Teil der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz. Und dort fand Mitte September eine der vielen Projektwochen vom Bergwaldprojekt e.V. statt. Dieser Verein wurde in der Schweiz gegründet und hat seit Anfang der 1990er-Jahre einen deutschen Ableger mit Sitz in Würzburg. Der hat weiterhin den Bergwald im Namen, führt aber Projekte vom Flachland an der Küste über die Mittelgebirge bis an den Alpenrand durch. Jeweils im Zeitraum von einer Woche wird mit Hilfe der Teilnehmenden Arbeit in Wäldern, Mooren und anderen Naturgebieten geleistet, die in öffentlicher Hand liegen oder gemeinnützigen Organisationen gehören. Neben den Freiwilligeneinsätzen, bei denen nur Volljährige anpacken können, gibt es auch welche für Eltern & Kinder oder Schulklassen. 

Was macht das Bergwaldprojekt?

Unterkunft, sehr gute Verpflegung und eine Exkursion zum Thema Wald gibt es im Austausch für ein paar Tage mit netten Menschen, wenn man Glück hat auch einem sehr unterhaltsamen Hund, viel frischer Luft, Bewegung und daraus resultierendem Muskelkater und sicherlich in jedem Fall einigen neuen Kenntnissen im Bereich Pflanzenbestimmung & Forstwirtschaft.

Manche der überwiegend weiblichen Freiwilligen hatten eine deutlich längere Anreise. Für mich ging es per Fahrrad nach Tegel und durch den Wald zum Zeltlagerplatz in Heiligensee. Wer wollte, der konnte im Zelt schlafen, ansonsten standen Etagenbetten in den Schlafräumen zur Verfügung. Der Schlaf war nach den kräftezehrenden Tagen auf einer richtigen Matratze dann doch erholsamer. Denn anstrengend war es!

Warum geht es der Spätblühenden Traubenkirsche an den Kragen?

Am ersten Tag fuhren wir erst ein paar Kilometer per Fahrrad in Richtung Norden. Auf einer Lichtung im Wald wurden uns die Werkzeuge - Astschere, Hippe, Säge, Wiedehopf - erklärt und dann ging es ins Grüne hinein, immer auf der Suche nach der Spätblühenden Traubenkirsche. Diese eingeschleppte Pflanze - auch als invasiver Neophyt bezeichnet - wächst schnell und bildet ein so dichtes Blätterdach, dass sie darunter gepflanzten - oder auf natürlichem Wege ausgesäten - Buchen, Eichen, Vogelbeeren das Licht zum Wachsen nimmt. Dieser Vorgang wird auch Ausschattung genannt. Um Mischwälder zu erhalten, muss deshalb eingegriffen werden. Früher war die aus Nordamerika stammende Pflanze unter anderem deshalb beliebt, da sie sich nicht so leicht entzündet. Deshalb wurde sie an Bahndämmen gepflanzt, zu Zeiten als die Lokomotiven noch mit Kohle beheizt wurden. Und vor allem lieben Vögel und andere Waldtiere ihre Früchte, fressen, verdauen & scheiden ihre Reste samt Samen wieder aus. Damit wird sie über entsprechend weite Strecken verbreitet. Wo immer wir die Pflanze in naher Umgebung junger Laubbäume entdeckten, schlugen wir zu. Vorher/Nachher-Fotos findet ihr in der Galerie unten.

Dammbau-Projekt für andere Muskelgruppen

Nicht nur ich hatte am Abend das Gefühl, nicht wirklich viel erreicht zu haben, aber das änderte sich im Laufe der Woche. Das Stück Wald, in dem wir uns austobten, wurde immer lichter. Es gab außerdem noch ein zweites Projekt zu bearbeiten: In der Nähe von Stolpe-Dorf musste ein Damm erhöht werden, um Regenwasser in einer Senke zu halten, bzw. gezielter ablaufen zu lassen. Sand schaufeln, Schubkarre schieben, Steine schleppen war eine gute Abwechslung zum Hacken & Schneiden. 

Deutsch-deutsche Geschichte im Wald

Der Förster schaute ein paar Mal bei uns vorbei und führte uns per Fahrrad durch sein Revier. Dabei erzählte er auch die sehr traurige Geschichte seines Vorgängers, die eng mit dem Bau der Transitautobahn - die heutige A 111 - und Grenzabfertigungsstelle Heiligensee/Stolpe verknüpft ist. 

Wer ist bei einem der nächsten Projekte dabei?

Nächsten Monat werde ich bei einer weiteren Woche in Niedersachsen dabei sein, wo ein Moor im Vordergrund der Arbeiten steht. Im November und Dezember gibt es die Möglichkeit, in der Umgebung von Berlin an Pflanztagen teilzunehmen, auch Neihaufeschte genannt. Unter diesem Link zum Bergwaldprojekt kann man sich anmelden. Und wenn ihr Fragen habt, dann schreibt mir gerne.